Standardabweichung
In diesem Kapitel schauen wir uns an, was die Standardabweichung einer Verteilung ist.
Erforderliches Vorwissen
Einordnung
Wir wissen bereits, dass sich die Wahrscheinlichkeitsverteilung einer Zufallsvariable entweder
- durch die Verteilungsfunktion oder
- die Wahrscheinlichkeitsfunktion (bei diskreten Zufallsvariablen) bzw. die Dichtefunktion (bei stetigen Zufallsvariablen)
vollständig beschreiben lässt.
Häufig ist eine vollständige Beschreibung der Verteilung gar nicht notwendig: Um sich einen groben Überblick über eine Verteilung zu verschaffen, betrachtet man einige charakteristische Maßzahlen. Eine dieser Maßzahlen lernen wir im Folgenden etwas besser kennen.
Die Standardabweichung ist eine Maßzahl zur Charakterisierung einer Wahrscheinlichkeitsverteilung.
Statt Maßzahl
sagt man auch Kennzahl
oder Kennwert
.
Welche Aussage trifft die Standardabweichung?
Die Standardabweichung ist ein Streuungsparameter
. Unter diesem Begriff werden alle Maßzahlen zusammengefasst, die eine Aussage über die Streuung einer Verteilung machen.
Die Standardabweichung beschreibt die erwartete Abweichung der Zufallsvariable von ihrem Erwartungswert.
Die Standardabweichung ist die Quadratwurzel der Varianz.
Standardabweichung einer diskreten Verteilung
In den folgenden beiden Abbildungen sind zwei Wahrscheinlichkeitsfunktionen dargestellt. Erkennst du den Unterschied zwischen einer kleinen und einer großen Standardabweichung?
Die Realisationen von $X$
sind eng
um den Erwartungswert $\mu = 0$
gestreut.
$\Rightarrow$
kleine Standardabweichung
Die Realisationen von $X$
sind breit
um den Erwartungswert $\mu = 0$
gestreut.
$\Rightarrow$
große Standardabweichung
Im Folgenden schauen wir uns an, wie man die Standardabweichung berechnet:
$$ \sigma_{X} = \sqrt{\textrm{Var(X)}} $$
Die Zufallsvariable $X$
sei die Augenzahl beim Wurf eines symmetrischen Würfels.
Es gibt sechs mögliche Realisationen:
$x_1 = 1$
, $x_2 = 2$
, $x_3 = 3$
, $x_4 = 4$
, $x_5 = 5$
, $x_6 = 6$
Alle sechs Realisationen haben die gleiche Wahrscheinlichkeit:
$$ p_1 = p_2 = p_3 = p_4 = p_5 = p_6 = \frac{1}{6} $$
$$ \begin{array}{r|r|r|r|r|r|r} \text{Augenzahl } x_i & 1 & 2 & 3 & 4 & 5 & 6 \\ \hline P(X = x_i) & \frac{1}{6} & \frac{1}{6} & \frac{1}{6} & \frac{1}{6} & \frac{1}{6} & \frac{1}{6} \end{array} $$
Varianz berechnen
Die Varianz ist $\sigma_{X}^2 = \textrm{Var}(X) = \frac{35}{12}$
.
Ausführlicher Rechenweg: Kapitel zur Varianz - Beispiel 1
Standardabweichung berechnen
$$ \begin{align*} \sigma_{X} &= \sqrt{\textrm{Var}(X)} \\[5px] &= \sqrt{\frac{35}{12}} \\[5px] &= 1{,}71 \end{align*} $$
Die Zufallsvariable $X$
sei der Gewinn beim Roulette.
Wir setzen 1 € auf unsere Glückszahl. Falls wir gewinnen, erhalten wir 36 €. Unser Gewinn beträgt folglich 35 €, denn 1 € haben wir ja eingesetzt.
Zur Erinnerung: Beim Roulette kann man auf die Zahlen 0 bis 36 setzen.
Es gibt zwei Realisationen:$x_1 = -1$
(falls wir verlieren)$x_2 = 35$
(falls wir gewinnen)
Für die Wahrscheinlichkeiten gilt:$p_1 = \frac{36}{37}$
(in 36 von 37 Fällen verlieren wir)$p_2 = \frac{1}{37}$
(in 1 von 37 Fällen gewinnen wir)
$$ \begin{array}{r|r|r} \text{Gewinn } x_i & -1 & 35 \\ \hline P(X = x_i) & \frac{36}{37} & \frac{1}{37} \end{array} $$
Varianz berechnen
Die Varianz ist $\sigma_{X}^2 = \textrm{Var}(X) \approx 34{,}08$
.
Ausführlicher Rechenweg: Kapitel zur Varianz - Beispiel 2
Standardabweichung berechnen
$$ \begin{align*} \sigma_{X} &= \sqrt{\textrm{Var}(X)} \\[5px] &= \sqrt{34{,}08} \\[5px] &= \frac{2\sqrt{213}}{5} \\[5px] &\approx 5{,}84 \end{align*} $$
Standardabweichung einer stetigen Verteilung
In den folgenden beiden Abbildungen sind zwei Dichtefunktionen dargestellt. Erkennst du den Unterschied zwischen einer kleinen und einer großen Standardabweichung?
Die Realisationen von $X$
sind eng
um den Erwartungswert $\mu = 0$
gestreut.
$\Rightarrow$
kleine Standardabweichung
Die Realisationen von $X$
sind breit
um den Erwartungswert $\mu = 0$
gestreut.
$\Rightarrow$
große Standardabweichung
Im Folgenden schauen wir uns an, wie man die Standardabweichung berechnet:
$$ \sigma_{X} = \sqrt{\textrm{Var}(X)} $$
Ein Zufallsgenerator erzeugt zufällig eine Zahl zwischen -1 und 1.
Die Dichtefunktion des Zufallsgenerators ist
$$ \begin{equation*} f(x) = \begin{cases} 0 & \text{für } x < -1 \\[5px] 0{,}5 & \text{für } -1 \le x \le 1 \\[5px] 0 & \text{für } x > 1 \end{cases} \end{equation*} $$
Varianz berechnen
Die Varianz ist $\sigma_{X}^2 = \textrm{Var}(X) = \frac{1}{3}$
.
Ausführlicher Rechenweg: Kapitel zur Varianz - Beispiel 3
Standardabweichung berechnen
$$ \begin{align*} \sigma_{X} &= \sqrt{\textrm{Var}(X)} \\[5px] &= \sqrt{\frac{1}{3}} \\[5px] &\approx 0{,}58 \end{align*} $$
Gegeben ist eine Zufallsvariable $X$
mit der Dichtefunktion
$$ \begin{equation*} f(x) = \begin{cases} 0 & \text{für } x < 0 \\[5px] \frac{1}{4}x & \text{für } 0 \le x < 2 \\[5px] 1 - \frac{1}{4}x & \text{für } 2 \le x \le 4 \\[5px] 0 & \text{für } x > 4 \end{cases} \end{equation*} $$
Varianz berechnen
Die Varianz ist $\sigma_{X}^2 = \textrm{Var}(X) = \frac{2}{3}$
.
Ausführlicher Rechenweg: Kapitel zur Varianz - Beispiel 4
Standardabweichung berechnen
$$ \begin{align*} \sigma_{X} &= \sqrt{\textrm{Var}(X)} \\[5px] &= \sqrt{\frac{2}{3}} \\[5px] &\approx 0{,}82 \end{align*} $$