Ereignis & Ereignisraum
In diesem Kapitel beschäftigen wir uns mit dem Ereignis, dem Ereignisraum und der Mächtigkeit des Ereignisraums eines Zufallsexperiments.
Erforderliches Vorwissen
- Ein Zufallsexperiment ist ein Versuch mit zufälligem Ausgang.
- Der Ausgang eines Zufallsexperiments heißt Ergebnis
$\omega$
(Klein-Omega
). - Die Menge aller möglichen Ergebnisse heißt Ergebnisraum
$\Omega$
(Groß-Omega
).
Ereignis
Meist interessieren wir uns bei einem Zufallsexperiment nicht für das Eintreten eines einzelnen Ergebnisses, sondern ob das Ergebnis zu einer bestimmten Menge von Ergebnissen gehört.
Wer eine gerade Zahl würfelt, gewinnt
Wir betrachten die Mengen $\{2, 4, 6\}$
(Gerade Zahl
) und $\{1, 3, 5\}$
(Ungerade Zahl
).
Wer eine 6 würfelt, gewinnt
Wir betrachten die Mengen $\{6\}$
(6
) und $\{1, 2, 3, 4, 5\}$
(Nicht-6
).
Jede Teilmenge des Ergebnisraums $\Omega$
heißt Ereignis $\boldsymbol{E}$
.
Bezeichnung
Ereignisse werden mit großen Buchstaben $A, B, C, \dots$
(oder: $A_1, A_2, A_3,\dots$
) bezeichnet.
Schreibweise
Ereignisse können verbal beschrieben werden oder durch Aufzählung ihrer Ergebnisse.
Werfen eines Würfels
$$ \begin{align*} & A\colon \text{„Gerade Augenzahl“} && \Rightarrow \quad A = \{2, 4, 6\} \\[5px] & B\colon \text{„Ungerade Augenzahl“} && \Rightarrow \quad B = \{1, 3, 5\} \\[5px] & C\colon \text{„Augenzahl gleich 6“} && \Rightarrow \quad C = \{6\} \\[5px] & D\colon \text{„Augenzahl ungleich 6“} && \Rightarrow \quad D = \{1, 2, 3, 4, 5\} \\[5px] & E\colon \text{„Augenzahl kleiner als 7“} && \Rightarrow \quad E = \{1, 2, 3, 4, 5, 6\} \\[5px] & F\colon \text{„Augenzahl größer als 6“} && \Rightarrow \quad F = \{\} \end{align*} $$
Wir sagen:
Ein Ereignis $\boldsymbol{E}$
tritt ein, wenn das Ergebnis $\omega$
ein Element von $E$
ist.
Werfen eines Würfels
Wir würfeln und erhalten als Ergebnis die Augenzahl 4, d. h. $\omega = 4$
.
Das Ereignis $A = \{2, 4, 6\}$
ist eingetreten wegen $\omega \in A$
.
Das Ereignis $B = \{1, 3, 5\}$
ist nicht eingetreten wegen $\omega \notin B$
.
Besondere Ereignisse
Ereignisse lassen sich nach der Anzahl ihrer Elemente voneinander unterscheiden.
Unmögliches Ereignis
Das Ereignis, das kein Element enthält, heißt unmögliches Ereignis.
Das unmögliche Ereignis tritt bei der Durchführung eines Zufallsexperiments nie ein!
Elementarereignis
Ein Ereignis, das genau ein Element enthält, heißt Elementarereignis.
Zusammengesetztes Ereignis
Ein Ereignis, das mehr als ein Element enthält, heißt zusammengesetztes Ereignis.
Das bekannteste zusammengesetzte Ereignis ist das sichere Ereignis.
Sicheres Ereignis
Das Ereignis, das alle Elemente von $\Omega$
enthält, heißt sicheres Ereignis.
Das sichere Ereignis tritt bei der Durchführung eines Zufallsexperiments immer ein!
Ereignisraum
Wir wollen alle möglichen Ereignisse, d. h. Teilmengen von $\Omega$
, in einer Menge zusammenfassen.
[Für endliche Ergebnisräume gilt:]
Die Menge aller Ereignisse heißt Ereignisraum $\boldsymbol{\mathcal{P}(\Omega)}$
.
$\mathcal{P}(\Omega)$
bezeichnet die Potenzmenge von $\Omega$
, d. h. die Menge aller Teilmengen von $\Omega$
.
Das unmögliche Ereignis und das sichere Ereignis gehören stets zum Ereignisraum!
Werfen einer Münze
Bestimme den Ereignisraum.
$$ \mathcal{P}(\Omega) = \{\{\,\},\{\text{K}\},\{\text{Z}\},\{\text{K},\text{Z}\}\} $$
Anmerkung
Der Ereignisraum des Zufallsexperiments setzt sich zusammen aus
- dem unmöglichen Ereignis:
$E_1 = \{\,\}$
- den beiden Elementarereignissen:
$E_2 = \{\text{K}\}$
(Kopf) und$E_3 = \{\text{Z}\}$
(Zahl) - dem sicheren Ereignis:
$E_ 4 = \Omega = \{\text{K},\text{Z}\}$
Ziehen einer Kugel aus einer Urne mit drei Kugeln
(Die Kugeln sind mit den Buchstaben a, b und c gekennzeichnet.)
Bestimme den Ereignisraum.
Der Ereignisraum des Zufallsexperiments setzt sich zusammen aus
- dem unmöglichen Ereignis:
$E_1 = \{\,\}$
- den drei Elementarereignisse:
$E_2 =\{\text{a}\}$
,$E_3 =\{\text{b}\}$
und$E_4 =\{\text{c}\}$
- den (mehrelementigen) Teilmengen von
$\Omega$
:$E_5 =\{\text{a}, \text{b}\}$
,$E_6 =\{\text{a}, \text{c}\}$
,$E_7 =\{\text{b}, \text{c}\}$
- dem sicheren Ereignis:
$E_8 =\{\text{a}, \text{b}, \text{c}\}$
$$ \Rightarrow \mathcal{P}(\Omega) = \{\{\}, \{\text{a}\}, \{\text{b}\}, \{\text{c}\}, \{\text{a}, \text{b}\}, \{\text{a}, \text{c}\}, \{\text{b}, \text{c}\}, \{\text{a}, \text{b}, \text{c}\}\} $$
Mächtigkeit des Ereignisraums
Definition
Wir wollen die Anzahl der möglichen Ereignisse eines Zufallsexperiments bestimmen.
Die Anzahl aller möglichen Ereignisse heißt Mächtigkeit des Ereignisraums $\boldsymbol{|\mathcal{P}(\Omega)|}$
.
Der Begriff Mächtigkeit
stammt aus der Mengenlehre (siehe Mächtigkeit einer Menge).
Die Mächtigkeit des Ereignisraums gibt an, wie viele Elemente in der Menge $\mathcal{P}(\Omega)$
liegen.
Mächtigkeit berechnen
Der Ereignisraum besteht aus $2^{|\Omega|}$
Ereignissen.
Dabei ist $|\Omega|$
die Mächtigkeit des Ergebnisraums, also die Anzahl der möglichen Ergebnisse.
Werfen einer Münze
Bestimme die Mächtigkeit des Ereignisraums.
Ergebnisraum
$$ \Omega = \{\text{Z}, \text{K}\} $$
Mächtigkeit des Ergebnisraums
$$ |\Omega| = {\color{red}2} $$
Mächtigkeit des Ereignisraums
$$ |\mathcal{P}(\Omega)| = 2^{|\Omega|} = 2^{\color{red}2} = 4 $$
Anmerkung
$$ \mathcal{P}(\Omega) = \{\{\},\{\text{K}\}, \{\text{Z}\}, \{\text{K}, \text{Z}\}\} $$
Ziehen einer Kugel aus einer Urne mit drei Kugeln
(Die Kugeln sind mit den Buchstaben $\text{a}$
, $\text{b}$
und $\text{c}$
gekennzeichnet.)
Bestimme die Mächtigkeit des Ereignisraums.
Ergebnisraum
$$ \Omega = \{\text{a}, \text{b}, \text{c}\} $$
Mächtigkeit des Ergebnisraums
$$ |\Omega| = {\color{red}3} $$
Mächtigkeit des Ereignisraums
$$ |\mathcal{P}(\Omega)| = 2^{|\Omega|} = 2^{\color{red}3} = 8 $$
Anmerkung
$$ \mathcal{P}(\Omega) = \{\{\}, \{\text{a}\}, \{\text{b}\}, \{\text{c}\}, \{\text{a}, \text{b}\}, \{\text{a}, \text{c}\}, \{\text{b}, \text{c}\}, \{\text{a}, \text{b}, \text{c}\}\} $$