Eigenwerte und Eigenvektoren
In diesem Kapitel schauen wir uns einige Grundlagen zum Thema Eigenwerte und Eigenvektoren an.
Erforderliches Vorwissen
Voraussetzung
Nur quadratische Matrizen können Eigenwerte und Eigenvektoren besitzen.
Einordnung
Wir multiplizieren eine Matrix $A$
mit einem Vektor $\vec{v}$
und erhalten den Vektor $\vec{w}$
.
$$ A \cdot \vec{v} = \vec{w} $$
$$ \begin{pmatrix} 3 & 0 \\ -9 & 6 \end{pmatrix} \cdot \begin{pmatrix} 1 \\ 2 \end{pmatrix} = \begin{pmatrix} 3 \\ 3 \end{pmatrix} $$
Im Koordinatensystem sind die beiden Vektoren $\vec{v} = \begin{pmatrix} 1 \\ 2 \end{pmatrix}$
und $\vec{w} = \begin{pmatrix} 3 \\ 3 \end{pmatrix}$
eingezeichnet.
Wir stellen fest, dass der Vektor $\vec{v}$
durch die Multiplikation mit der Matrix $A$
sowohl seine Richtung als auch seine Länge verändert hat.
So weit, so gut. Schauen wir uns jetzt einen Spezialfall an:
Wir multiplizieren wieder eine Matrix $A$
mit einem Vektor $\vec{x}$
. Dieses Mal erhalten wir jedoch nicht irgendeinen Vektor $\vec{w}$
, sondern den ursprünglichen Vektor $\vec{x}$
multipliziert mit einer Zahl $\lambda$
– also ein Vielfaches von $\vec{x}$
.
$$ A \cdot \vec{x} = \lambda \cdot \vec{x} $$
$$ \begin{pmatrix} 3 & 0 \\ -9 & 6 \end{pmatrix} \cdot \begin{pmatrix} 1 \\ 3 \end{pmatrix} = \begin{pmatrix} 3 \\ 9 \end{pmatrix} $$
Im Koordinatensystem sind die beiden Vektoren $\vec{x} = \begin{pmatrix} 1 \\ 3 \end{pmatrix}$
und $\lambda \cdot \vec{x} = \begin{pmatrix} 3 \\ 9 \end{pmatrix}$
eingezeichnet.
Im Gegensatz zum ersten Beispiel verändert der Vektor hier nur seine Länge, wenn man ihn mit der Matrix $A$
multipliziert.
Definition
$$ A \cdot \vec{x} = \lambda \cdot \vec{x} $$
Ein Eigenvektor $\vec{x}$
einer Matrix ist ein vom Nullvektor verschiedener Vektor, dessen Richtung durch Multiplikation mit der Matrix nicht verändert wird. Ein Eigenvektor wird also nur gestreckt. Der Streckungsfaktor $\lambda$
heißt Eigenwert der Matrix.
In der Aufgabenstellung aus Beispiel 2
$$ \begin{pmatrix} 3 & 0 \\ -9 & 6 \end{pmatrix} \cdot \begin{pmatrix} 1 \\ 3 \end{pmatrix} = \begin{pmatrix} 3 \\ 9 \end{pmatrix} $$
ist
$$ \vec{x} = \begin{pmatrix} 1 \\ 3 \end{pmatrix} $$
ein Eigenvektor der Matrix $A$
.
Der dazugehörige Eigenwert ist $\lambda = 3$
, denn
$$ \lambda \cdot \vec{x} = 3 \cdot \begin{pmatrix} 1 \\ 3 \end{pmatrix} = \begin{pmatrix} 3 \\ 9 \end{pmatrix} $$
Satz
Multipliziert man die Matrix $A$
mit dem $k$
-fachen Eigenvektor, bleibt der zu dem Eigenvektor gehörende Eigenwert $\lambda$
unverändert.
Beweis
$$ \begin{align*} A(k\vec{x}) &= kA\vec{x} \\[5px] &= k\lambda\vec{x} \\[5px] &= \lambda (k\vec{x}) \end{align*} $$
Folgerung
Ein Eigenwert hat unendlich viele zugehörige Eigenvektoren, während ein Eigenvektor immer nur zu einem Eigenwert gehören kann.
Genauer gesagt: Zu einem Eigenwert gehört nicht nur ein Eigenvektor, sondern auch alle Vielfachen dieses Vektors.
Zurück zu unserem vorherigen Beispiel.
Statt mit
$$ \begin{pmatrix} 1 \\ 3 \end{pmatrix} $$
multiplizieren wir die Matrix $A$
jetzt mit dem Zweifachen dieses Vektors:
$$ \begin{pmatrix} 3 & 0 \\ -9 & 6 \end{pmatrix} \cdot \begin{pmatrix} 2 \\ 6 \end{pmatrix} = \begin{pmatrix} 6 \\ 18 \end{pmatrix} $$
Der Eigenvektor ist in diesem Fall
$$ \vec{x} = \begin{pmatrix} 2 \\ 6 \end{pmatrix} $$
Der dazugehörige Eigenwert ist jedoch wieder $\lambda = 3$
, denn
$$ \lambda \cdot \vec{x} = 3 \cdot \begin{pmatrix} 2 \\ 6 \end{pmatrix} = \begin{pmatrix} 6 \\ 18 \end{pmatrix} $$
Eigenwertproblem
Häufig ist eine Matrix gegeben und wir sollen die Eigenwerte sowie die Eigenvektoren berechnen.
Wie man dieses sog. Eigenwertproblem löst, erfährst du in den folgenden Kapiteln: